Donnerstag, 1. Dezember 2011

Wallowing

In der Folge "The Break-up, Part 2" der ersten Gilmore Girls-Staffel haben Rory und Dean sich getrennt. Es ist Rorys erste Trennung und sie zeigt zunächst keine Trauer, bleibt völlig rational und lenkt sich mit allerlei Dingen ab. Am Abend sieht sie wie ein Mitschüler vor allen Leuten von seiner Freundin verlassen wird. Die beiden reden darüber, sie küssen sich, sie bricht in Tränen aus und ist nun bereit für das "wallowing" - im Schlafanzug Eis und Pizza essen, traurige Filme sehen, sich nicht rasieren oder schminken, weinen...

Vor fast zwei Monaten haben mein Ex und ich uns getrennt. Und ich bin wie Rory - rational, fröhlich, pragmatisch. Ich habe mir anderer Leute Liebeskummer angehört, ich habe einen anderen Mann geküsst. Bisher bin ich noch nicht an dem Punkt des Zusammenbruchs. Obwohl ich viel Zeit im Schlafanzug verbringe, ungesundes Zeug esse und emotionale Serien gucke, habe ich noch nicht wirklich über den Bruch in meinem Leben geweint.

Gestern, als mein Freund, der Asylant, zu seiner Freundin zurückging und ich alleine in meiner Wohnung saß, kam das erste Mal seit langem eine Welle der Traurigkeit und Einsamkeit über mich. Ich sprach mit Big darüber und er war zumindest virtuell für mich da - leider wohnt er zu weit weg für physisches Dasein. Später lag ich im Bett und umarmte mich selbst ganz fest. Immernoch keine Tränen, aber kurz davor.

Heute begegnete ich in der Stadt einem Freund von meinem Ex, der superlieb zu mir war, mich zur Begrüßung und zum Abschied umarmte, und sich gar nichts anmerken ließ. Wir haben uns sogar für gemeinsame Aktivitäten verabredet. Später traf ich dann meinen Ex im Büro und er warf mir vor, böse zu sein. Kurz angebunden, biestig. Und er konnte nicht verstehen, dass ich mal so lieb und mal so kalt zu ihm sei.

Ich ertrank heute in Arbeit. Eine Deadline jagt die nächste, es wächst mir gerade fast über den Kopf, aber ich halte durch. Dabei kann man nun mal nicht immer für jeden nette Worte finden. Zumal ich in den letzten Wochen echt so vielen Leuten mein Ohr geliehen habe und mir soviel trauriges Zeug angehört habe, soviel Psychomist und Herzscheiße. Mich fragt dabei kaum einer, wie es mir geht. Und meistens passt es grad nicht, wenn einer fragt. Dann wiegel ich ab und sage, dass es mir erstaunlich gut geht (tut es ja auch).

Aber ich habe im Gefühl, dass demnächst endlich mal das Trauern fällig ist. Vielleicht auf der langen Zugfahrt übermorgen. Vielleicht noch viel früher. Gerade habe ich besagte Gilmore Girls-Folge gesehen und beinahe mit Rory mitgeweint. Ich stehe wirklich kurz davor, ich hatte sogar schon feuchte Augen. Aber es passiert einfach nicht - dabei wäre es so erlösend...

Mittwoch, 30. November 2011

Und dann schlägt Dein Herz

Da guckt man immer wieder auf sein Handy und wartet auf die erlösende Foursquare-Botschaft, aber nix kommt. Irgendwann kommt man zuhause an, checkt ein in der eigenen Wohnung und sieht, dass Button vor vier Stunden am Flughafen war. Morgen also wieder Button-Content in meinem Leben. Juhu! Huckleberry hatte sofort einen Ohrwurm:

http://www.youtube.com/watch?v=HdUz1ZwUzvQ

Wo fängt Stalking an?

Vor vielen Jahren schickte mir ein Freund einen Link zu einem Artikel über Stalking. Es war halb als Witz, halb als Warnsignal gemeint. Ich war gerade mal wieder ziemlich verschossen (in einen Kommilitonen) und in diesem typischen Detektiv-Modus, in den ich dann verfalle. Neben dem Üblichen, wie seinen Namen zu googlen - was bei einem Allerweltsnamen meistens kaum zu Ergebnissen führt - hatte ich im Laufe der Zeit Teile seines Stundenplans herausgefunden. Ich wusste also zu bestimmten Zeiten, wann er in welchem Seminarraum sein würde, an welchen Tagen er in der Mensa sein würde und dass er, falls er in unserem Lieblingsclub auftauchen würde, immer ungefähr zu einer bestimmten Zeit ankommen würde. Ich nutzte dieses Wissen, um ihn so oft wie möglich zu sehen. Einmal habe ich sogar von einer Seminargruppe in eine andere gewechselt, um anderthalb Stunden mit ihm im selben Raum sein zu können.

Mein Kumpel meinte, das wäre schon fast Stalking, was ich da betreiben würde. Für mich war es einfach nur ein System, mit dem ich mir meine regelmäßige Dosis an M.-Sichtungen erhalten konnte.

Je weiter die Entwicklung des Web2.0 fortschreitet und je mehr die Menschen es nutzen, desto ausgeklügelter und erfolgreicher werden solche "Detektiv"-Spiele natürlich. Wenn ich einen Typen toll finde, dann wird heute nicht mehr nur einfach der Name gegooglet. Es gibt ja noch Facebook, Twitter, Xing, Linkedin, Google+ und YouTube. Jede kleine Information, die ich bekomme, wird verwendet. Meine Google-Search-History enthält soviele Kombinationen von - z.B. - Buttons Namen plus seiner Stadt, seiner ehemaligen Uni, seiner ehemaligen Grundschule (die weiß ich von seinem Facebook-Profil) oder den Namen seiner Freunde, dass ich hoffe, dass er nie die Gelegenheit hat, an meinem Rechner im Internet zu surfen.

In Buttons speziellem Fall geht das ganz schön weit. Sein Facebook-Profil ist ziemlich gut geschützt. Obwohl wir dort befreundet sind, bekomme ich nur wenige Einblicke. Dafür habe ich jedes einzelne seiner ehemaligen Profilbilder alleine und gemeinsam mit Freundinnen bis ins letzte analysiert, kenne zwei Videos, die er gepostet hat, auswendig, weiß inzwischen ziemlich genau, wo er wohnt und wer seine engsten Freunde sind. Ich habe die Profile einige seiner Freunde auf Facebook und Xing gesehen und ich habe, als wir eine neue Kollegin bekamen anhand ihres Namens erkannt, dass sie mit Button befreundet ist. Ich habe einen Ordner auf meinem Laptop, der Bilder von Button enthält - teilweise von den Profilen seiner Freunde, teilweise von Firmenfeiern. Ja, ich bin obsessiv.

Auf einer Party am Wochenende habe ich mich mit besagter Kollegin unterhalten und seitdem sind auch wir auf Facebook befreundet. Ich fand sie sehr nett, aber ein Teil meiner Intention war auch, noch mehr über Button zu erfahren.

Ist das nun Stalking? Hat Stalking nicht auch immer etwas mit Übergriffen in irgendeiner Form zu tun? Subjektiv betrachtet bin ich einfach ein wenig Button-süchtig und versuche außerdem, durch das Zusammentragen von Informationen über ihn herauszufinden, ob meine Faszination berechtigt ist und wir eventuell doch gemeinsames Potenzial haben. Objektiv betrachtet bin ich eine Beobachterin, eine Sammlerin. An keiner Stelle mische ich mich in sein Leben ein oder beschatte ihn weiter als über die Grenzen, die Social Media und seine Sicherheitseinstellungen mir setzen. Er hat keine Ahnung, wie viel ich über ihn weiß, das stimmt wohl. Und mein Verhalten ist sicherlich over the top. Aber ist das schon Stalking oder nicht einfach nur die Fortsetzung der typischen Teenie-Schwärmereien mit den technischen Mitteln von heute?

Dienstag, 29. November 2011

Asyl-Update

Ich habe die Wohnung wieder für mich alleine. Heute bekam mein Freund den Anruf, dass er wieder nach Hause kommen solle. Ob das nur mit der kaputten Waschmaschine zu tun hat, oder sich tatsächlich etwas verbessern wird - wer weiß. Ich drücke auf jeden Fall die Daumen, dass sie eine Lösung finden, die für ihn und seinen Sohn gut ist.

Montag, 28. November 2011

Asyl

Schon komisch, wie es manchmal läuft. Gerade heute Nachtmittag habe ich darüber nachgedacht, einen Freund anzurufen und mich mit ihm und seinem kleinen Sohn für morgen zu verabreden. Wir sehen uns viel zu selten, da ich relativ spät am Tage arbeite, er auch viel arbeitet und - eben - einen kleinen Sohn hat. Ich hatte gehofft, ich könne meinen freien Tag morgen nutzen, um vielleicht mit ihm gemeinsam den Kleinen aus dem Kindergarten abzuholen und spazieren zu gehen. Vielleicht einen Kaffee trinken, vielleicht auf einen Spielplatz... Irgendwie so.

Dann bin ich irgendwie nicht zum Anrufen gekommen, aber plötzlich klingelte mein Handy und er war dran. Ob ich einen Schlafplatz hätte für ihn und ob er gleich vorbeikommen könnte, seine Freundin hätte ihn soeben vor die Tür gesetzt. Natürlich habe ich einen Schlafplatz für ihn, dazu was zu essen, Tee, Musik und offene Ohren. Mit Ratschlägen bin ich vorsichtig, ich denke, er kennt meine Meinung schon irgendwie.

Seine Freundin und er haben eine recht turbulente Beziehung, was vermutlich vor allem an einem Haupt-Streitthema liegt, das in unterschiedlichen kulturellen Hintergründen wurzelt. Immer wieder eskaliert es, immer wieder steht eine Trennung im Raum. Vor 2,5 Jahren bekamen sie dann ungeplant ein Kind und haben sich seitdem zusammengerauft. Bei unserem letzten Treffen vor ein paar Wochen sprach er sogar von Heiratsplänen.

Jetzt hat es wieder gekracht, es ist unklar, ob und wie es weitergehen soll. Seinen Schlüssel musste er gleich da lassen (die Wohnung gehört ihr). Objektiv eskalierte der Streit nur an einer winzigen Kleinigkeiten. Subjektiv prallen wohl einfach Wertesysteme gegeneinander.

Ich bin froh, helfen zu können und für ihn da zu sein. Ich freue mich, ihn hier zu haben und dass er ausgerechnet mich angerufen hat. Es ist ein schönes Gefühl. Gleichzeitig ist es furchtbar zu sehen, wie er Angst hat, sein Kind zu verlieren. Der Kleine hält bei Streitereien zu seiner Mama (Was auch sonst, mit 2,5?). Und die beiden sind nicht verheiratet, Seine Rechte an seinem Sohn sind also sehr eingeschränkt, sollte es seiner (Noch-?)-Freundin einfallen, sie zu beschränken oder gar mit dem Kleinen zurück in ihr Heimatland zu gehen.

Während wir redeten hat sie wohl mehrmals angerufen, er hat es aber nicht gehört. Sie sprach ihm auf die Mailbox, dass er sich jetzt überlegen solle, ob er sie noch will, sie würde das Gleiche tun. Er interpretierte die Anrufe als ein Zeichen, dass noch nicht alles verloren ist. Was er will, weiß er trotzdem nicht.

Ich habe ihm angeboten, für ein paar Tage zu bleiben. Danach wird er wohl entweder zurückkehren dürfen, oder sich eine eigene Wohnung suchen. Bleiben Sie dran, ich tu's auch.

Freitag, 25. November 2011

Der Machtwechsel (4/4)

Hier geht es zu Teil 1/4, 2/4 und 3/4.

Ich fragte Big, was er denn heute noch so vorhabe - er wusste, dass ich in ein paar Stunden wieder bei meiner ursprünglichen Gastgeberin erwartet wurde - und er meinte, er würde den Tag damit verbringen, sich zu erholen. Und dass er Hunger habe. Und dass er vergessen hätte, einzukaufen. Und er fragte mich, ob man eigentlich auch Frühstück irgendwo bestellen könne. Oder er könne ja auch mal M. (einen Kollegen) anrufen und fragen, ob er sich mit ihm zum Frühstücken treffen wollen würde. Obwohl eigentlich sei ja auch schon Zeit fürs Mittag. Er würde sich dann jetzt also eine Pizza bestellen. Und nachher wohl Fußball gucken, oder so. Sprachs und ging zum Telefon.

Tja, was sagt man dazu? Man bleibt cool, zieht sich an, verabschiedet sich (nicht ohne eine letzte Umarmung und einen Kuss von ihm) und geht. Und läuft die halbe Stunde "nach Hause" und denkt darüber nach, was da passiert ist. Zunächst einmal darüber, wie toll alles war. Und dann wie seltsam das Ende. Man ruft sich Situationen aus der Vergangenheit vor Augen, in denen es ähnlich war und schließt daraus: Da will jemand dringend Grenzen aufzeigen. Da hat jemand Angst, dass man zu viel erwartet.

Moment mal, dieser Mann hatte mir wochen-, ja monatelang, in den Ohren gelegen, wir sollten uns sehen, berühren, küssen, Sex haben. Es würde so toll sein, toller als früher. Und dass da nicht mehr werden würde, war doch eigentlich von Anfang an klar. Wieso dann also jetzt diese Vorsichtsmaßnahmen?

In den folgenden Tagen haben wir ab und zu miteinander gechattet. Immer ging es von mir aus. Er hat zwar reagiert, aber keine Anstalten mehr gemacht, zu unseren alten Gesprächsmustern zurückzukehren. Ich sagte ihm dann recht deutlich, wie schön ich es gefunden hatte, dass ich immernoch ganz high sei und mir der Gedanke an das, was da passiert war, direkt wieder Lust machte, und fragte ihn, wie er das empfand. Er meinte, es ginge ihm wie mir und machte mir ein Kompliment bezüglich meiner Technik. Dann stellte ich fest, dass eine Wiederholung also nicht ausgeschlossen sei. Seine Antwort: "Ja, wiederholen wir... :)".

Ich war beruhigt und doch nagte etwas an mir: Das war alles so unbestimmt und so sehr von mir provoziert. Jetzt sind drei Tage vergangen und die Situation ist die Gleiche geblieben. Wir haben nochmal geredet, darüber dass es wirklich nur Sex sei und nicht mehr. Und darüber, dass er mich eventuell demnächst besuchen kommt (vage, sehr vage) und eine Menge Dinge, die nichts mit uns beiden direkt zu tun haben.

Jedes Gespräch geht von mir aus - in den letzten Wochen war er es, der mich fast täglich ansprach. Jede Annäherung, jede Andeutung, jeder Vorschlag, kommt von mir. Er reagiert nur noch und das eher zaghaft.
Die Machtverhältnisse haben sich gedreht... Verdammte Hormone!

Donnerstag, 24. November 2011

Button

Es gibt eine Menge Männer in meinem Leben, mag der geneigte Blogleser nach einer Weile denken. Bisher habe ich hier drei Exfreunde erwähnt, dazu noch Big (bald kommt der letzte Teil der "Machtwechsel"-Geschichte) und Kay (den ich übrigens bald sehen werde, auch dazu später mehr). Das sind aber noch nicht alle, die mir im Moment im Kopf herumspuken. Einen weiteren, Button, möchte ich heute mal kurz "vorstellen".

Button heißt - for the purpose of this blog - Button, weil er einfach "cute as a button" ist. Es gibt leider keine bessere Beschreibung dafür, wie ich ihn finde. Button ist ein Kollege von mir und arbeitet seit ungefähr einem Jahr in einer Nachbarabteilung. Zu Beginn hatten wir recht viel miteinander zu tun und ich war eine seiner ersten Bezugspersonen im Unternehmen. Inzwischen ist er natürlich etabliert und durch eine Veränderung in seinen Aufgaben ist unser beruflicher Kontakt quasi nicht mehr existent (leider).

Seit ungefähr einem halben Jahr (da war ich noch mit meinem Ex zusammen) hat sich in meiner Wahrnehmung von Button etwas verändert. Es gab einen "zoom"-Moment, seitdem er mir nicht mehr aus dem Kopf geht, ich mich nicht mehr normal mit ihm unterhalten kann und ich mehrmals am Tag an seinem Schreibtisch vorbeigehen muss, um einen Blick auf ihn zu werfen. Tage, an denen er nicht im Büro ist (leider ist er regelmäßig beruflich unterwegs und im September besaß er die Frechheit, einfach zehn Tage Urlaub zu machen) sind irgendwie düsterer. Ich bin weniger motiviert.

Tage, an denen er da ist, bedeuten viele kleine lichte Momente in meinem Büroalltag. Ein paar Schmetterlinge hier und da, ein paar Facepalm-Momente meinerseits und generell sehe ich diesen Tagen freudiger entgegen und stehe sie motivierter durch.

Leider ist dieses ganze Phänomen scheinbar etwas eher einseitiges. Für ihn bin ich wohl einfach nur eine nette Kollegin und er sucht nicht von sich aus Kontakt, der über das beruflich Notwendige hinausgeht.

Seit einiger Zeit habe ich ein Barometer dafür, wie mein kommender Arbeitstag wird: Mein Smartphone. Button und ich sind nämlich bei Foursquare befreundet. Er nutzt es nicht besonders intensiv, aber immer dann, wenn er am Flughafen ist, weiß ich das. So habe ich sehr schnell gelernt, dass er im Prinzip an jedem Dienstag morgen wegfliegt (Ausnahmen bestätigen die Regel) und dann natürlich tagsüber nicht im Büro ist. Wann er wieder kommt, schwankt. Mal erst am Freitagnachmittag (schrecklich!), mal am Mittwochabend... und ganz selten auch schon Dienstagabend, so dass ich nur einen Button-losen Tag habe.

Ich schaue jetzt also jeden Dienstagabend um dieselbe Zeit immer wieder auf mein Smartphone und hoffe, die erlösende Meldung zu bekommen: "Button hat gerade am Flughafen XX" eingecheckt. Bekomme ich sie, macht mein Herz einen freudigen Hüpfer. Bekomme ich sie nicht, bin ich ein wenig wehmütig und hoffe auf den Mittwochabend. Diese Woche war eine gute Woche und Button heute schon wieder da.

Im Verlauf des Tages bin ich ungefähr dreimal mehr oder weniger zwangsläufig an seinem Schreibtisch vorbeigekommen. Dreimal ist er mir auf dem Gang begegnet (davon bekam ich beim ersten Mal ein Winken, während er telefonierte) und einmal bei der Rückkehr aus der Mittagspause, da gab es ein button-cutes Lächeln für mich.

Ja, ich führe eine innere Statistik über diese Dinge. Call me crazy.

Disclaimer:

Button ist kein Boyfriend-Material, soweit ich das bisher einschätzen kann. Er ist ungefähr einen Kopf kleiner als ich, fast drei Jahre jünger, irgendwie noch ein ziemlicher Milchbubi, zudem BWLer und Fußballfan. Wir finden keine wirklichen Themen, über die wir uns unterhalten könnten, außer der Arbeit und unseren Kollegen. Ich glaube wir sind uns sympathisch, aber mehr ist da nicht. Und es gibt Leute, die glauben, dass er schwul ist. Ich halte das für Unsinn.

Dienstag, 22. November 2011

Der Machtwechsel (3/4)

Hier geht es zu Teil 1/4, 2/4 und 4/4.


Gerade hatte er mir noch geschrieben, dass es noch etwa zehn Minuten dauern würde, da kam Big plötzlich aus einer Tür, machte einen kleinen, freudigen Hüpfer als er mich sah und sprach dann leise zu mir: "Kannst Du vielleicht schon unauffällig vorgehen? Die anderen wollen noch mit mir gemeinsam nach Hause gehen und das würde dann irgendwie komisch werden..." Also bekam ich ihn doch, den Schlüssel, und machte mich durch die dunklen nebeligen Straßen meiner alten Heimat auf den Weg zu der Wohnung, in der ich vor über fünf Jahren so viele tolle und schreckliche Dinge erlebt hatte.

Begrüßt wurde ich dort von der Katze, die erst seit ein paar Monaten da lebt, sehr süß ist und mir Gesellschaft leistete, bis Big etwa 20 Minuten nach mir eintrudelte. Ich wollte kurzen Smalltalk über die Katze halten, aber er warf nur schnell seine Tasche ab und umarmte mich sofort und hielt mich erst einmal - gefühlt - ein paar Minuten ganz fest an sich gedrückt und streichelte mir über den Rücken.

Als wir uns voneinander lösten, zeigte er mir dann doch noch kurz, was sich alles in der Wohnung verändert hatte, seit ich das letzte Mal da war (eine Menge, es war komplett renoviert, die Zwischenwände waren versetzt und aus einer leicht versifften Studentenbude mit Kohleofen und Außenklo war eine normale fast schon spießige, sanierte Wohnung geworden.

Dann legten wir uns ins Bett, in dem ich ja eigentlich nur ein wenig „löffeln“ und schlafen wollte. Doch sobald er sich an mich herangekuschelt hatte, ging das Gezerre schon los. Ich war schläfrig, er wieder voll wach. Er entschuldigte sich zwar ständig, dass er sich nicht zurückhalten könne, aber... tat es dann eben auch nicht. Ein paar Minuten lang habe ich noch abgeblockt und versucht zu schlafen und ganz kurz war er sogar selbst weggedöst, doch dann musste ich meinen Widerstand aufgeben.
Big hat so eine Art, einen komplett zu umfangen, einzulullen und - ja - zu begehren, die es unmöglich macht, nicht mitzuspielen. Dazu sein Geruch - auch er roch wie früher ;) - und ein paar erste, zaghafte Küsse und schon war es um mich geschehen. Immerhin ließ ich ihn hauptsächlich machen, genoss einfach seine Liebkosungen und stoppte ihn zumindest noch, bevor er zum Gummi greifen konnte (dafür wollte ich dann doch zumindest bei vollem Bewusstsein sein). Natürlich wollte er dann zumindest auch noch etwas von der Situation haben und ich war inzwischen so wach, dass ich ihm den Gefallen gern tat. Nebenbei bewies ich mir so, dass ich durchaus dazu in der Lage bin, einen Mann zu befriedigen – die letzten Jahre hatten mich stark daran zweifeln lassen.

Wir kuschelten uns aneinander und schliefen dann doch ein. Beziehungsweise er schlief ein und ich lag wach und wunderte mich, wie wahnsinnig vertraut alles war, wie zuhause seine Haut auf meiner war, wie geborgen ich mich bei ihm fühlte, wie wundervoll, perfekt, hollywoodreif diese Küsse waren. Und ich war sehr zufrieden mit meiner Entscheidung. Irgendwann nickte ich dann doch ein.

Am Morgen lagen wir da und hatten die Katze zwischen uns, die herumtollte, schnurrte wie zehn Baumaschinen und eine tolle Show ablieferte. Wir redeten über dies und das und schliefen immer mal wieder kurz ein. Irgendwann war es Mittag und ich fragte, ob ich jetzt mal losgehen solle (Bloß keine Schwäche zeigen, souverän und selbstbewusst bleiben, und agieren, statt zu reagieren!). Aber er sagte: „Nein! Wir können ja noch ein bisschen kuscheln...“

Tja und dann kam es doch noch zu meinem ersten Mal seit viel zu langer Zeit und was soll ich sagen: Anders als in allen meinen langen Beziehungen klappte es - einfach so. Keinerlei Komplikationen beim Zusammenbringen der Dinge, die zusammengehören, keine Schwierigkeiten, dabei zu bleiben und selbst ein Krampf im Bein konnte mich nicht rausbringen. Es mag merkwürdig klingen, aber es flutschte einfach - und das ist schon sehr viel, für meine Verhältnisse. Es war toll. Und es fühlte sich absolut OK an und hinterher lagen wir da und lachten darüber, dass ich jetzt wieder "zurück im Leben sei", dass er mich "entjungfert" hätte und dass ich mit der Gesamtsituation sehr zufrieden sei und mir die ja „als Gesamtbild übers Bett hängen“ könne. Mit einem Wort: Es war schön, es war unkompliziert und ich fühlte mich sehr wohl mit ihm.

Und ab da wurde alles anders.

Little Sister

Manchmal hat man nachts die klarsten Gedanken und da ich gerade auf eine Goldader gestoßen bin, muss das jetzt einfach schnell noch raus, bevor ich schlafen gehe. Morgen finde ich es vielleicht schon wieder zu weit hergeholt. - Vorsicht, das wird länger...

Meine ursprüngliche Überlegung war, dass meine Exfreunde genau eine Gemeinsamkeit haben: Sie sind die kleinen Brüder von irgendwem und bis auf einen Nachzügler-Halbbruder sind sie die Nesthäkchen in ihrer Familie. Sogar Big ist kleiner Bruder. Merkwürdig, dachte ich und ging die Reihe an Männern durch, für die ich im Laufe meines Lebens mal intensivere Gefühle hatte und Bingo! Jeder einzelne von Ihnen war der kleine Bruder (und zwar meistens der einer großen Schwester). Bis auf einen, der einen Zwillingsbruder hat, aber Ausnahmen bestätigen nunmal die Regel. Und einige hatten sowohl kleine, als auch große Geschwister, gehörten aber in der Familiendynamik zu den "Kleinen".

Eine weitere Gemeinsamkeit: So gut wie jeder von ihnen ist entweder wahnsinnig intelligent und/oder gebildet und/oder ehrenamtlich engagiert und/oder auf einem künstlerischen Gebiet talentiert. Alle zeichnet irgendetwas aus. Viele von ihnen sind zudem so etwas wie das "schwarze Schaf" ihrer Familie (oder trifft das allgemein eher auf die kleinen Geschwister zu?).

Ähnlich sieht es in meinem engeren Freundeskreis aus: Bis auf eine große Schwester und ein Einzelkind (die liebe Phae) sind alle meine nahen Freunde die kleinen Geschwister - so wie auch ich.

Meine Kindheit war eigentlich sehr schön, idyllisch, mit heiler Familie in halbwegs unberührter Natur. Ich war das verhätscheltelte Nesthäkchen und musste nie soviel mithelfen wie mein Bruder. Ich war kränklich und blieb dadurch oft von Gartenarbeit verschont (was ich lernte, auszunutzen). Ich wurde mit dem Auto zur Schule gefahren, mein Bruder fuhr mit dem Rad.

Vielleicht spielte es eine Rolle, dass meine Mutter vor mir eine Fehlgeburt hatte (relativ spät in der Schwangerschaft) und meine Eltern sehr lange auf mich gewartet hatten. Mein Bruder spielte jedenfalls sehr früh den Erwachsenen ("Wenn die dich schon nicht erziehen, dann muss ich es eben tun.") und ich blieb immer die Kleine.

Es war immer schwierig zwischen meinem Bruder und mir, solange er noch zuhause wohnte (also bis ich 14 war). Ich wollte dabei sein, wenn er etwas mit seinen Freunden machte und er wollte mich abschütteln. Ich saß vor derm Fernseher und sah meine Lieblingsserien und er kam rein, schaltete um und durchforstete den Videotext nach Sportergebnissen. Fast täglich haben wir uns gestritten, ab und zu wurde es handgreiflich. Ich war eine ziemliche Nervensäge und wir beide fahren ziemlich schnell aus der Haut.

Mein Bruder war immer gut in der Schule, sogar in Sport. Eigentlich hat er alles immer gut und richtig gemacht. Ich war auch gut in der Schule, außer in Sport und allem, was mit motorischen Fähigkeiten zu tun hatte. Und ich war weniger fleißig und ehrgeizig als er. Vielleicht war mir klar, dass ich nie so gut sein würde und ich hab es deswegen gar nicht erst versucht.

Als er aber in der 9. Klasse mit Klassenkameraden eine Schülerzeitug aus der Taufe hob und abends beim Essen davon berichtete, sagte ich: "Ja, das machen wir auch." Am nächsten Tag organisierte ich es in meiner Schule (3. Klasse!) und ein paar Wochen später gab es die erste Ausgabe. Als ich auf sein Gymnasium wechselte, wurde ich Teil der Redaktion seiner Zeitung und blieb es bis zum Abitur.

Zwischendurch habe ich mich in einigen Sachen ausprobiert - Klavier spielen, Theatergruppe... Dabei geblieben bin ich bei der Schülerzeitung und beim Computer (ab 14 Jahren dem Internet) - zwei Dingen, die mein Bruder auch machte.

Ich bin jetzt 28 und ich merke immernoch, wie ich in meiner Familie als die Kleine behandelt werde. Weniger von meinem Bruder, der mich inzwischen als gleichwertig und gleichberechtigt behandelt, als von meinen Eltern. Ich habe nie richtig rebelliert, mich nie richtig abgenabelt (es gab keinen wirklichen Grund, keine harten Konflikte, keine strikten Verbote). Und so mache ich heute noch oft, was meine Eltern mir sagen oder fahre sofort meine Stacheln aus, wenn sie mir Predigten halten oder meinen, etwas besser zu wissen. Ich stecke immernoch in der Pubertät.

Dieses Sich-beweisen-müssen, das steckt in mir drin. Das mache ich in allen sozialen Kontexten und auch auf der Arbeit. Immer muss ich zeigen, was ich kann und dass ich etwas besser kann als die anderen (Zum Glück habe ich ein paar Talente mitbekommen - eine rasche Auffassungsgabe, ein Gefühl für Sprache und die Fähigkeit, Prozesse effizient zu gestalten und zwischen verschiedenen Seiten zu vermitteln - Was wäre ich wohl für ein Wrack sonst?)

Und ich möchte immernoch bei den großen Kindern mitspielen, suche den Kontakt zu den Organisatoren, möchte die Hintergründe kennen und dabei sein, wenn Entscheidungen getroffen werden. Aus demselben Grund fasziniert es mich, "Berühmtheiten" zu treffen und privat kennenzulernen. Seien es nun lokale Berühmtheiten, Bloggergrößen oder Musiker. Ich finde es toll, "backstage" zu sein und muss im gleichen Atemzug der Welt berichten, dass ich es bin, dass ich zum inneren Kreis dazugehöre.

Und scheinbar wirkt sich das Kleine-Schwester-Syndrom auch auf mein Liebesleben aus: Ich will mich nicht unterbuttern lassen, mag nicht "die Kleine" sein. Meine Männer sind allesamt kleine Brüder, denn bei einem großen Bruder hätte ich Angst, wieder in die alte Rolle zu verfallen. Ich bin ein Settler, möchte aber ein Reacher sein und wähle daher von den kleinen Brüdern die, die ich bewundern kann. Ich fördere sie und hänge mich an sie ran und sonne mich in ihrem Licht, ohne gleichzeitig Gefahr zu laufen, neben ihnen zu verblassen.

Was dann passiert ist, dass sie mich für stark und unabhängig halten, für eine große Schwester, die auf sie aufpasst. Und dann werden sie schwach und klein und wir leben uns auseinander. (Die Ausnahme: Big. Der wird nie klein sein neben mir, aber wir waren auch nicht lange genug zusammen, um diesen Zustand zu erreichen.)

Jedes Mal das gleiche Lied. Ich frage mich, ob ich vielleicht mein Leben soweit auf die Reihe kriegen muss und gefestigt genug sein muss, um mich mal an einen großen Bruder zu wagen, damit es mit der Liebe klappt. Oder gar ein Einzelkind? (Auch davor schrecke ich zurück). Oder ist das alles Schwachsinn und Zufall?

Bin für Meinungen dankbar und verbleibe bis dahin - die kleine Schwester.

Montag, 21. November 2011

Wie sag ichs?

Ich bin seit fast sieben Wochen single. Gefühlt wahrscheinlich schon länger. Das Ende kam langsam, aber unaufhaltsam auf uns zu, seit Monaten, vielleicht Jahren. Vor sieben Wochen war es soweit, dass wir es uns gegenseitig eingestanden und offiziell machten. Wer mir in den letzten Monaten nahestand, war nicht überrascht.

Aber es gibt auch Menschen, mit denen ich in dieser Zeit nicht viel zu tun hatte, obwohl sie enge Freunde sind. Und Menschen, mit denen ich viel zu tun hatte, aber nicht über mein Privatleben gesprochen habe - für die war es ein Schock. Oder es wird ein Schock sein, wie ich heute festgestellt habe, als eine Freundin mich per SMS fragte, wie es "uns" denn so ginge. Sie weiß es scheinbar immernoch nicht.

Ich konnte darauf nicht antworten. Mir geht es ja eigentlich gut. Ich würde also irgendetwas leichtfertiges, cool klingendes sagen, da es für mich schon so unglaublich real ist. Passé. Gegessen. (Also nicht der Mensch und die Beziehung an sich, aber eben der Fakt, dass es vorbei ist.)

So möchte ich nicht klingen. Also hab ich nichts dazu gesagt. Ich denke alle unseren gemeinsamen Bekannten wissen es schon. Sollte sich also demnächst kein Treffen ergeben, wird sie es schon bald von denen hören und ich bin aus der Nummer raus.

Meine Oma sagte, sie müsste es erst einmal verarbeiten.
Kollegen, die uns beide regelmäßig sehen, waren vollkommen überrascht. Sie haben sich wahrscheinlich nie Gedanken über uns gemacht und uns einfach als Tatsache hingenommen.
Kollegen, die nicht wussten, dass wir zusammen waren, sind überrascht, dass wir es waren.
Eine Kollegin fragte mich heute, wie es mir inzwsichen ginge und ob ich mich gefangen hätte. Ich hätte in letzter Zeit immer so traurig ausgesehen.
Viele meiner Freunde finden, wir hätten alles richtig gemacht und es ginge mir doch jetzt blendend.

Und sie haben irgendwie alle recht.

Der Machtwechsel (2/4)

Hier geht es zu Teil 1/4, 3/4 und 4/4.

Auf dem Weg in die alte Stadt war ich noch der Meinung, dass gar nichts passieren würde. Ich hatte mich, vielleicht auch um mich an diesem Abend zurückhalten zu können, mit einem alten Bekannten für diese Party verabredet. Auch er einer mit "Geschichte", nennen wir ihn Kay. Einer, den ich mal toll fand, als ich noch mit meinem ersten Freund zusammen war und der mich wohl auch ein wenig mochte damals, aber aufgrund meiner Beziehung Abstand hielt. Jedenfalls hatten wir es in den letzten acht Jahren nie geschafft, mal gleichzeitig Single zu sein, so dass nie etwas passierte. Vielleicht eine explosive Konstellation, wenn man sich vor Augen führt, unter welchen Umständen der Abend ablaufen sollte. Doch Kay kam erst später hinzu, zu Beginn gab es nur mich und Big.

Schon auf dem Weg in den Club war ich sehr aufgeregt, positiv. Irgendwie war mir klar, dass das ein denkwürdiger Abend werden würde. Gleich zwei "solche" Menschen, mit denen ich verabredet war. Keine Hindernisse im Weg. Irgendetwas würde vermutlich passieren, nur was und mit wem? Als ich im Club ankam, war Big gerade im Gespräch mit jemandem und ich ging schon einmal in seine Nähe. Er sah mich, lächelte mich an und führte sein Gespräch noch kurz fort, während ich zwei Meter weiter stand und mir die Zeit mit meinem Handy vertrieb. Dann stand er plötzlich vor mir, umarmte mich ganz, ganz, ganz fest und sagte mir ganz aufgedreht ins Ohr: "Oar, Du riechst ja wie früher!!!" Dann haben wir uns um meine Jacke gekümmert („Willst Du die wieder da bei mir hinlegen, wie früher???“), mir etwas zu trinken besorgt (selbstverständlich kostenfrei), uns angegrinst und versucht, ein Gespräch zu führen.

Anders als bei vorherigen Gelegenheiten in derselben Konstellation hatte er diesmal scheinbar kein Problem damit, sich in der Öffentlichkeit mit mir zu zeigen. Es gab diverse forciert-zufällige Begegnungen, es gab breites Lächeln quer durch den Club, es gab zufälliges Vorbeigehen und Angrinsen... Er hat sich wirklich sehr bemüht und man merkte ihm die freudige Aufregung an.

Dann kam der Zeitpunkt, als er sich an die Arbeit machen musste und ziemlich zeitgleich Kay mit einem Rudel Freunde eintraf. Also ein völliger Fokuswechsel meinerseits. Relativ schnell wurde klar, dass auch Kay bewusst geworden war, dass wir beide zum ersten Mal gleichzeitig Single waren. Er fragte sehr detailliert, wie es mir denn jetzt ginge in Bezug auf meinen Ex; wir schwelgten in den gemeinsamen Erinnerungen aus der Zeit, in der wir heftig miteinander flirteten; er schlug vor, nach dieser Party noch irgendwo anders hinzugehen; es wurden Witze darüber gemacht, dass wir uns an einen stilleren Ort zurückziehen sollten (von seinen Freunden, die die Situation mitbekamen...); und es wurde viel "freundschaftlich" berührt.

Hinzu kam, dass es nicht seine Musik war und er das vorher wusste. Gekommen war er trotzdem, weil ich da sein würde. Für etwa drei oder vier Stunden war ich also völlig mit dieser Gruppe beschäftigt, bis zu dem Moment als Big an uns vorbeilief und mich vielsagend anlächelte, was von allen um mich herum mit erhobenen Brauen registriert wurde (Sie kannten ihn natürlich und zumindest Kay wusste, dass Big und ich eine gemeinsame Vergangenheit hatten.) Da erinnerte ich mich wieder an die Gesamtsituation und von da an war ich nervös und verwirrt.

Zwei Männer aus meiner Vergangenheit, die mich beide nie wirklich losgelassen hatten, die mir beide eindeutige Angebote gemacht hatten und immernoch machten - in meinem Kopf drehte sich alles, während ich die Varianten durchspielte. Gar nichts zu tun erschien mir inzwischen absolut nicht mehr erstrebenswert. Aber was würde aus Variante A werden, wenn ich an diesem Abend Variante B vorzug oder andersherum? Und was würde es für das jeweilige freundschaftliche Verhältnis mit den beiden bedeuten, wenn etwas passierte - oder eben nicht passierte? Hinzu kam, dass ich eigentlich viel zu ehrlich bin (und emotional überfordert gewesen wäre), um zwei solcher Sachen parallel voranzutreiben. Ich versuchte trotzdem, Big zu signalisieren, dass ich an ihn dachte, auch wenn ich die ganze Zeit mit Kay und seinen Freunden herumhing. Doch eine Entscheidung musste her…

Ich weiß nicht, was den Ausschlag gegeben hat. Für Big sprach, dass ich wusste, was mich erwarten würde: Nähe, Geborgenheit, großartige Küsse, guter Sex, ein Bett gleich um die Ecke, geklärte Verhältnisse von Anfang an. Gegen Kay sprach, dass er mit seinen Freunden da war, dass seine Wohnung (auch noch eine WG, mit einem Mitbewohner, den ich auch kenne) am anderen Ende der Stadt lag, dass ich keine Ahnung hatte, was mich erwarten würde und wie wir hinterher damit umgehen würden… Und der Fakt, dass er mit der Musik nicht zurechtkam und sich eigentlich nicht wirklich wohl in diesem Umfeld fühlte, das Big schuf und dass mir irgendwie näher war und viel bedeutete. Außerdem rauchte Kay die ganze Zeit, was das Ganze nicht attraktiver für mich machte.

Als ich in Gedanken soweit gekommen war, dass an diesem Abend Big gewinnen würde, machte ich mich auf die Suche nach ihm - und fand ihn nicht. Sofort hatte ich Angst, dass er sich das Ganze anders überlegt hatte oder - noch schlimmer – bereits an jemand anderem rumbaggern könnte, weil ich zu viel Zeit mit den anderen verbracht hatte. Ich wählte den Weg einer unauffälligen Facebook-Nachricht von meinem Smartphone aus, um herauszufinden, wo er steckte und fragte ihn, ob er seinen Schlüssel für diesen Abend schon jemand anderem überlassen hatte.

Die Antwort war: "Nein :)". Jetzt ging es also darum, mein Anliegen möglichst elegant und nicht zu aufdringlich rüberzubringen. Und ich wollte ihm klar machen, dass ich recht müde war und einfach gerne in seinen Armen einschlafen wollte - was dann am nächsten Morgen passieren würde, könnte man ja dann sehen, wenn es soweit wäre. Ich holte also eine SMS von ihm hervor, die er mir schickte, als ich ein paar Wochen zuvor in der Stadt war und ihn versetzte, und zitierte daraus: "Ich bin auch hundemüde. Einlöffeln, einschlafen und zusammen aufwachen...?" Nach wenigen Sekunden hatte ich meine Antwort: "Jaaaaaaaaa :)". Und noch ein paar Sekunden später spürte ich eine Hand, die mir im Vorbeigehen sachte auf den Kopf klopfte, während ich mit den anderen am Tisch saß und redete. Big, der seit gefühlten Stunden verschollen war, war an mir vorbeigelaufen.

Im Folgenden musste ich Kay und seine Freunde anlügen, um irgendwie zu rechtfertigen, dass ich noch bis zum Schluss bleiben würde und nicht noch mit ihnen in eine andere Location wechseln würde. Und dann saß ich da und wartete auf den Moment, an dem Big und ich aufbrechen könnten. Aufgeregt, vorfreudig, ein bisschen ängstlich und irgendwie wagemutig....

Phae und Huckleberry

...erzählen alles, was man nur anonym ins Netz bloggen kann - Weil es um Menschen geht, die uns wichtig sind; weil es Dinge sind, die niemand, den wir kennen, wissen soll. Und weil manches einfach raus muss aus uns und hinein in die Welt.

Phae

muss erst mal gucken, was hier hingehört. Mittelkleingroße Großstadt, Fahrradfahren, Internet. Gesang und Hochschulpolitik, Ohrringebasteln, Ponyschneiden, Wimperntuschen, Geschlechtsstereotype dekonstruieren. Kiezkult und Spazierengehen, WGKüchentischgespräche, Popkultur. Und alles ändert sich mal wieder, wie immer.

Huckleberry

28, Großstadt, Vollzeitjob, eigene Wohnung. Web2.0-Enthusiastin, Bücherwurm, Musikfanatikerin, Filmliebhaberin. Gerade eine dreijährige Beziehung beendet und dabei, die ersten Schritte ins Singleleben zu gehen.

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