Männergeschichten

Freitag, 20. Januar 2012

Update

Es gibt eine ganze Menge zu erzählen, zu so vielem, dass ich das nicht in eigene Einträge packen kann und möchte.

Die Big-Frage hat sich glaube ich noch am selben Abend nach meinem letzten Eintrag insofern gelöst, als dass ich ihn endlich zu einer Aussage gezwungen habe, ob und wie das mit uns weitergehen soll. Es war ein zähes Ringen (er hatte wohl Angst, dass ich zu viel von ihm wollen könnte und gab mir eine endgültige Antwort erst, als ich ihm klargemacht hatte, dass ich nicht in ihn verliebt bin) bis er mir gestand, dass er gerade "ein bisschen verliebt" in jemand anderen sei und unsere Geschichte deshalb vorerst ruhen lassen wollte. Das tat einen ganz kurzen Moment lang weh, spiegelte aber im Prinzip auch meine eigene Gefühlslage.

Derjenige, in den ich ein ganz kleines bisschen verliebt war/bin, ist Jude - er heißt übrigens unter anderem so, weil er die Beatles genauso gern mag wie ich. Und er erinnert mich optisch an den Jude aus dem Across-The-Universe-Film, irgendwie. Anyway - Jude hat eine Freundin und so oft, wie er von ihr erzählt und von den gemeinsamen Unternehmungen und Reiseplänen, denke ich, dass sich daran so schnell nichts ändern wird. Wir kommunizieren recht viel und verbringen Zeit zusammen (bisher vor allem Mittagspausen, aber auch Dinge außerhalb der Arbeit sind geplant) und das trägt ein bisschen dazu bei, dass ich ihn weniger idealisiere. Eine gute Sache also, vielleicht lässt sich dieses Riesenstück Sympathie ja in eine vernünftige Freundschaft lenken. Bloß manchmal lächelt er mich dann so an, dass mein Herz hüpft, oder seine Hand liegt vor mir auf dem Tisch und ich kann nicht aufhören, seine Finger anzustarren und muss mich zusammenreißen, sie nicht zu berühren...

Button ist im Moment übrigens so ziemlich abgemeldet - seit der Sache mit Jude interessiert er mich einfach nicht mehr so sehr und da von ihm seit Wochen auch nichts mehr kommt, befinden sich meine Gefühle für ihn im Eisfach. Erstaunlich, dass das nach einem halben Jahr Dauerfeuer so schnell und einfach geschehen kann. Gerade hat er wohl Urlaub - ich sehe ihn ständig an den verschiedensten Orten einchecken, aber nie live im Büro - und es ist mir tatsächlich gleichgültig. Vor wenigen Wochen noch undenkbar.

Tja und dann brauchen wir wohl so langssam einen Namen für meinen "aktuellen Exfreund", mit dem ich jetzt seit dreieinhalb Monaten nicht mehr zusammen bin und vorher fast drei Jahre lang mein Leben und meine Wohnung und alles andere geteilt habe. Es wird Zeit, sich mit ihm und uns auseinanderzusetzen. Zeit, all das auseinanderzuklamüsern und zu verarbeiten, um dann irgendwann (hoffentlich bald) nach vorne schauen zu können. Ich fürchte, ich werde ihn, klischeehaft oder nicht, einfach "den Professor" nennen müssen (er ist übrigens keiner)...

Der Professor befindet sich gerade in einer großen Lebenskrise und scheinbar sucht er gerade ausgerechnet bei mir halt. Ob ich ihn denn noch liebhabe, fragt er mich. Umarmt werden will er, wann immer wir uns sehen. Als ich ihm erzählte, dass ich gerade jemanden suche, der mit mir gemeinsam in den Urlaub fährt, schlug er - nur halb im Scherz - vor, er könne ja mitkommen. Er ist völlig durcheinander, das merkt man. Und ich ertappe mich bei "Was wäre wenn"-Gedanken. Aber realistisch betrachtet ist die einzig richtige Antwort: NEIN. Es könnte nie wieder so werden, wie ich es eigentlich brauche. Wir haben es in den Sand gesetzt, und zwar so richtig.

Mehr zum Professor wohl demnächst...

Montag, 26. Dezember 2011

Autsch

Gerade habe ich mit Jude gechattet, zum ersten Mal seit einer Woche. Zuerst war es toll, dann ging es um Weihnachtsgeschenke und er erzählte von dem selbstgebastelten Geschenk, dass er von seiner Freundin bekommen hat. Tja, dann ist es jetzt wohl offiziell: Er hat eine Freundin UND er hat mir diese Information direkt gegeben. Gut gemacht hat er das, genau so sollte man das tun.

Ich bin erstaunlich traurig darüber. Hoffentlich geht das schnell vorbei, dann können wir ja vielleicht wirklich Freunde werden. Kann man ja auch nie genug haben...

Dienstag, 20. Dezember 2011

Angedockt

Manchmal habe ich das Gefühl, ich trage einen riesigen Haufen Gefühle mit mir herum, der immer bei einem Mann andocken möchte. Wird die Verbindung zum Einen schwächer, sucht sich der Gefühlsklumpen ein neues Opfer. Manchmal, wenn die Verbindungen schwach genug sind, baut der Klumpen mehrere gleichzeitig auf. Aber irgendeine Verbindung scheint immer da zu sein.

Eine Woche nachdem Big weggefahren ist, empfinde ich es immernoch so: Es war schön, wie es war und wahrscheinlich wäre es auch schön, wenn es sich wiederholt. Aber das muss es nicht. Im Moment sind wir einfach Freunde ohne Benefits und das ist auch OK so. Gleichzeitig ist auch die Verbindung zu Button loser geworden - weniger Kontakt, eine neue Frisur und schon schwebt mein Gefühlswollknäuel schwerelos durch die Luft und braucht wieder einen neuen Hafen.

Und in dem ist es angekommen. Nach einigen vorsichtigen Erschütterungen in den letzten Wochen hat sich das Wollknäuel am Freitag ziemlich fest an jemandem festgesetzt. Der Tradition der anglophonen Namen folgend, möchte ich ihn Jude nennen.

Jude ist wie Button ein Kollege, allerdings überschneiden sich unsere Arbeitszeiten nur für vier Stunden jede Woche, so dass wir keine wirkliche Kollegenbeziehung haben, sondern uns eher wie flüchtige Bekannte verhalten. Letzten Freitag gab es anlässlich der Firmenweihnachtsfeier dann einen ganzen Abend Zeit, Jude näher kennenzulernen. Wir haben herumgealbert, geredet, getanzt und uns sehr gut verstanden. Das Wollknäuel fuhr sozusagen Achterbahn.

Das Problem: Jude hat eine Freundin... So wie es aussieht, muss das Wollknäuel sich also demnächst einen neuen Andockpunkt suchen, während Huckleberry und Jude vielleicht echt gute Kumpels werden könnten. Oder ist da doch noch mehr für mich drin? Man wird sehen...

Dienstag, 13. Dezember 2011

Der Morgen danach

Big ist wieder weg und ich finde, wir haben das gut gemacht. Es war anders als letztes Mal. Damals ging es um eine Menge sexuelle Spannung, die sich entladen hat und danach wurde es irgendwie recht kühl und merkwürdig zwischen uns. Diesmal war das überwiegende Gefühl wohlwollende Freundschaft und der Sex war nicht einziger Sinn und Zweck des Besuchs, auch wenn ich das vorher befürchtet hatte.

Wir haben viel geredet: wir haben die ganze Nacht über gekuschelt und wenn einer sich umdrehte, fanden wir eine neue Position mit Hautkontakt (das fühlt sich sooooo unglaublich gut und vertraut an!); wir haben morgens zusammen gefrühstückt (eine Premiere...); wir haben dann beide an unseren Computern gesessen und Kram erledigt und uns gleichzeitig Musik vorgespielt und weiter erzählt; wir waren zusammen endlich seine Schuhe kaufen, von denen er schon seit August erzählt hat; wir waren zusammen Mittag essen... Und die ganze Zeit war es angenehm entspannt, freundschaftlich, ohne Awkwardness. Gleichberechtigt. Schön.

Ob es eine Fortsetzung gibt? Das wird sich zeigen - ich denke ich käme mit beiden Möglichkeiten gut klar. Happy :D

Montag, 12. Dezember 2011

Big Night and Button Talk

Heute ist der Tag, an dem Big und ich uns wiedersehen. In ca. zwei bis drei Stunden wird er hier in meiner Wohnung sein, zum ersten Mal überhaupt. Es ist das zweite Mal, dass er bei mir übernachtet, beim ersten Mal lebte ich in einer WG. Sonst waren wir immer bei ihm. Und es ist das erste Mal, dass so ein Treffen von langer, langer Hand geplant ist und das fühlt sich seltsam an.

Er kommt sehr spät an, übernachtet hier und fährt morgen Mittag schon weiter. Nicht viel Zeit, der Plan ist klar: Sex und ein paar Stunden Schlaf. Weird. Ich bin total aufgewühlt, hin und her gerissen, ob ich mich freue, oder es seltsam finde, oder gar nicht mehr möchte, dass er kommt. Nun ja, das wird wohl vorbei sein, sobald er hier ist und mich zur Begrüßung umarmt. Hoffentlich geht alles gut und ich bin morgen zufrieden.

In other news... Heute gab es einen seltsamen Dialog mit Button auf dem Büroflur. Ich stand da mit einem Kollegen, mit dem er zum Mittag gehen wollte und er kam dazu, um ihn abzuholen:

Button (lächelnd): Na?
Huckleberry (lächeldn): Na?
Button (lost for words): Na?
Huckleberry (this is fun!): Na? (nervöses over-the-top Lachen)

Button und Kollege ab.

Habe es hinter zwei Leuten erzählt, die es beide für ein süßes Spiel zwischen uns hielten und mich auf die Weihnachtsfeier am Freitag verwiesen. Seien wir gespannt.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Friends with Benefits

Big und ich sind nach der Machtwechsel-Geschichte mehr oder weniger in Kontakt, manchmal ein paar Tage nicht, dann wieder mehrmals am Tag. Es ist eine Friends-with-Benefits-Geschichte, mit dem kleinen Zusatz, dass wir uns nicht treffen, da wir ja in unterschiedlichen Städten leben. Wir chatten hauptsächlich, skypen ab und zu (dirrrrty, würde Lorelai Gilmore sagen) und schicken uns mitunter eindeutig-zweideutige Fotos.

Daneben sind wir aber eben auch einfach: Freunde. Reden über das, was uns so passiert, über die Arbeit, über unsere Ex-Beziehungen, unsere Einsamkeit. Es ist wirklich sehr angenehm, so wie es ist. Ohne zu große Erwartungen auf irgendeiner Seite. Wir sind Freunde und helfen uns gleichzeitig bei der Erfüllung unserer (sexuellen) Bedürfnisse. Nächste Woche wird er für eine Nacht in der Stadt sein und diese bei mir verbringen. Ob es danach noch weitergeht und wenn ja, wie (rein virtuell oder mit gelegentlichen Treffen) steht in den Sternen.

Ich kann nur das Nachdenken nicht so ganz lassen. Denn eigentlich weiß ja jeder, dass solche Geschichten nie gut ausgehen. Ich träumte neulich nachts, dass er es beenden würde und fühlte mich schrecklich damit. Ich bin relativ sicher, dass ich mich nicht wieder in ihn verlieben werde - zumindest nicht in dem Sinne, dass ich eine ernsthafte Beziehung mit ihm haben möchte. Gefühle habe ich definitiv für ihn, das hat sich in all den Jahren nicht geändert. Aber es ist auch klar, dass wir einfach nicht zusammen passen, auf DIESE Art.

Trotzdem habe ich Angst davor, dass er derjenige sein könnte, der zuerst wieder jemanden findet. Oder, falls ich es sein sollte, wie ich es ihm beibringen sollte, ohne unser gutes Verhältnis zu gefährden. Am Besten wäre wohl, wenn sich der sexuelle Teil unserer Freundschaft sich nach und nach einfach auflöst, über die Zeit. Andererseits tat er das ja noch nie so ganz.

Es ist wirklich wahnsinnig - wir tun das, wohlwissend, dass es ein böses Ende nehmen wird. Wir wissen nicht wann und wir wissen nicht, wer mehr leiden wird (meine Vermutung ist: ich). Aber keiner will aufhören, wir halten uns an uem bisschen Zärtichkeit und Nähe fest, dass wir haben und gerade beide sehr sehr dringend brauchen. Denn mal ehrlich, die Alternative wäre auch nicht schön und warum soll man nicht mitnehmen, was man kann?

Freitag, 25. November 2011

Der Machtwechsel (4/4)

Hier geht es zu Teil 1/4, 2/4 und 3/4.

Ich fragte Big, was er denn heute noch so vorhabe - er wusste, dass ich in ein paar Stunden wieder bei meiner ursprünglichen Gastgeberin erwartet wurde - und er meinte, er würde den Tag damit verbringen, sich zu erholen. Und dass er Hunger habe. Und dass er vergessen hätte, einzukaufen. Und er fragte mich, ob man eigentlich auch Frühstück irgendwo bestellen könne. Oder er könne ja auch mal M. (einen Kollegen) anrufen und fragen, ob er sich mit ihm zum Frühstücken treffen wollen würde. Obwohl eigentlich sei ja auch schon Zeit fürs Mittag. Er würde sich dann jetzt also eine Pizza bestellen. Und nachher wohl Fußball gucken, oder so. Sprachs und ging zum Telefon.

Tja, was sagt man dazu? Man bleibt cool, zieht sich an, verabschiedet sich (nicht ohne eine letzte Umarmung und einen Kuss von ihm) und geht. Und läuft die halbe Stunde "nach Hause" und denkt darüber nach, was da passiert ist. Zunächst einmal darüber, wie toll alles war. Und dann wie seltsam das Ende. Man ruft sich Situationen aus der Vergangenheit vor Augen, in denen es ähnlich war und schließt daraus: Da will jemand dringend Grenzen aufzeigen. Da hat jemand Angst, dass man zu viel erwartet.

Moment mal, dieser Mann hatte mir wochen-, ja monatelang, in den Ohren gelegen, wir sollten uns sehen, berühren, küssen, Sex haben. Es würde so toll sein, toller als früher. Und dass da nicht mehr werden würde, war doch eigentlich von Anfang an klar. Wieso dann also jetzt diese Vorsichtsmaßnahmen?

In den folgenden Tagen haben wir ab und zu miteinander gechattet. Immer ging es von mir aus. Er hat zwar reagiert, aber keine Anstalten mehr gemacht, zu unseren alten Gesprächsmustern zurückzukehren. Ich sagte ihm dann recht deutlich, wie schön ich es gefunden hatte, dass ich immernoch ganz high sei und mir der Gedanke an das, was da passiert war, direkt wieder Lust machte, und fragte ihn, wie er das empfand. Er meinte, es ginge ihm wie mir und machte mir ein Kompliment bezüglich meiner Technik. Dann stellte ich fest, dass eine Wiederholung also nicht ausgeschlossen sei. Seine Antwort: "Ja, wiederholen wir... :)".

Ich war beruhigt und doch nagte etwas an mir: Das war alles so unbestimmt und so sehr von mir provoziert. Jetzt sind drei Tage vergangen und die Situation ist die Gleiche geblieben. Wir haben nochmal geredet, darüber dass es wirklich nur Sex sei und nicht mehr. Und darüber, dass er mich eventuell demnächst besuchen kommt (vage, sehr vage) und eine Menge Dinge, die nichts mit uns beiden direkt zu tun haben.

Jedes Gespräch geht von mir aus - in den letzten Wochen war er es, der mich fast täglich ansprach. Jede Annäherung, jede Andeutung, jeder Vorschlag, kommt von mir. Er reagiert nur noch und das eher zaghaft.
Die Machtverhältnisse haben sich gedreht... Verdammte Hormone!

Montag, 21. November 2011

Der Machtwechsel (2/4)

Hier geht es zu Teil 1/4, 3/4 und 4/4.

Auf dem Weg in die alte Stadt war ich noch der Meinung, dass gar nichts passieren würde. Ich hatte mich, vielleicht auch um mich an diesem Abend zurückhalten zu können, mit einem alten Bekannten für diese Party verabredet. Auch er einer mit "Geschichte", nennen wir ihn Kay. Einer, den ich mal toll fand, als ich noch mit meinem ersten Freund zusammen war und der mich wohl auch ein wenig mochte damals, aber aufgrund meiner Beziehung Abstand hielt. Jedenfalls hatten wir es in den letzten acht Jahren nie geschafft, mal gleichzeitig Single zu sein, so dass nie etwas passierte. Vielleicht eine explosive Konstellation, wenn man sich vor Augen führt, unter welchen Umständen der Abend ablaufen sollte. Doch Kay kam erst später hinzu, zu Beginn gab es nur mich und Big.

Schon auf dem Weg in den Club war ich sehr aufgeregt, positiv. Irgendwie war mir klar, dass das ein denkwürdiger Abend werden würde. Gleich zwei "solche" Menschen, mit denen ich verabredet war. Keine Hindernisse im Weg. Irgendetwas würde vermutlich passieren, nur was und mit wem? Als ich im Club ankam, war Big gerade im Gespräch mit jemandem und ich ging schon einmal in seine Nähe. Er sah mich, lächelte mich an und führte sein Gespräch noch kurz fort, während ich zwei Meter weiter stand und mir die Zeit mit meinem Handy vertrieb. Dann stand er plötzlich vor mir, umarmte mich ganz, ganz, ganz fest und sagte mir ganz aufgedreht ins Ohr: "Oar, Du riechst ja wie früher!!!" Dann haben wir uns um meine Jacke gekümmert („Willst Du die wieder da bei mir hinlegen, wie früher???“), mir etwas zu trinken besorgt (selbstverständlich kostenfrei), uns angegrinst und versucht, ein Gespräch zu führen.

Anders als bei vorherigen Gelegenheiten in derselben Konstellation hatte er diesmal scheinbar kein Problem damit, sich in der Öffentlichkeit mit mir zu zeigen. Es gab diverse forciert-zufällige Begegnungen, es gab breites Lächeln quer durch den Club, es gab zufälliges Vorbeigehen und Angrinsen... Er hat sich wirklich sehr bemüht und man merkte ihm die freudige Aufregung an.

Dann kam der Zeitpunkt, als er sich an die Arbeit machen musste und ziemlich zeitgleich Kay mit einem Rudel Freunde eintraf. Also ein völliger Fokuswechsel meinerseits. Relativ schnell wurde klar, dass auch Kay bewusst geworden war, dass wir beide zum ersten Mal gleichzeitig Single waren. Er fragte sehr detailliert, wie es mir denn jetzt ginge in Bezug auf meinen Ex; wir schwelgten in den gemeinsamen Erinnerungen aus der Zeit, in der wir heftig miteinander flirteten; er schlug vor, nach dieser Party noch irgendwo anders hinzugehen; es wurden Witze darüber gemacht, dass wir uns an einen stilleren Ort zurückziehen sollten (von seinen Freunden, die die Situation mitbekamen...); und es wurde viel "freundschaftlich" berührt.

Hinzu kam, dass es nicht seine Musik war und er das vorher wusste. Gekommen war er trotzdem, weil ich da sein würde. Für etwa drei oder vier Stunden war ich also völlig mit dieser Gruppe beschäftigt, bis zu dem Moment als Big an uns vorbeilief und mich vielsagend anlächelte, was von allen um mich herum mit erhobenen Brauen registriert wurde (Sie kannten ihn natürlich und zumindest Kay wusste, dass Big und ich eine gemeinsame Vergangenheit hatten.) Da erinnerte ich mich wieder an die Gesamtsituation und von da an war ich nervös und verwirrt.

Zwei Männer aus meiner Vergangenheit, die mich beide nie wirklich losgelassen hatten, die mir beide eindeutige Angebote gemacht hatten und immernoch machten - in meinem Kopf drehte sich alles, während ich die Varianten durchspielte. Gar nichts zu tun erschien mir inzwischen absolut nicht mehr erstrebenswert. Aber was würde aus Variante A werden, wenn ich an diesem Abend Variante B vorzug oder andersherum? Und was würde es für das jeweilige freundschaftliche Verhältnis mit den beiden bedeuten, wenn etwas passierte - oder eben nicht passierte? Hinzu kam, dass ich eigentlich viel zu ehrlich bin (und emotional überfordert gewesen wäre), um zwei solcher Sachen parallel voranzutreiben. Ich versuchte trotzdem, Big zu signalisieren, dass ich an ihn dachte, auch wenn ich die ganze Zeit mit Kay und seinen Freunden herumhing. Doch eine Entscheidung musste her…

Ich weiß nicht, was den Ausschlag gegeben hat. Für Big sprach, dass ich wusste, was mich erwarten würde: Nähe, Geborgenheit, großartige Küsse, guter Sex, ein Bett gleich um die Ecke, geklärte Verhältnisse von Anfang an. Gegen Kay sprach, dass er mit seinen Freunden da war, dass seine Wohnung (auch noch eine WG, mit einem Mitbewohner, den ich auch kenne) am anderen Ende der Stadt lag, dass ich keine Ahnung hatte, was mich erwarten würde und wie wir hinterher damit umgehen würden… Und der Fakt, dass er mit der Musik nicht zurechtkam und sich eigentlich nicht wirklich wohl in diesem Umfeld fühlte, das Big schuf und dass mir irgendwie näher war und viel bedeutete. Außerdem rauchte Kay die ganze Zeit, was das Ganze nicht attraktiver für mich machte.

Als ich in Gedanken soweit gekommen war, dass an diesem Abend Big gewinnen würde, machte ich mich auf die Suche nach ihm - und fand ihn nicht. Sofort hatte ich Angst, dass er sich das Ganze anders überlegt hatte oder - noch schlimmer – bereits an jemand anderem rumbaggern könnte, weil ich zu viel Zeit mit den anderen verbracht hatte. Ich wählte den Weg einer unauffälligen Facebook-Nachricht von meinem Smartphone aus, um herauszufinden, wo er steckte und fragte ihn, ob er seinen Schlüssel für diesen Abend schon jemand anderem überlassen hatte.

Die Antwort war: "Nein :)". Jetzt ging es also darum, mein Anliegen möglichst elegant und nicht zu aufdringlich rüberzubringen. Und ich wollte ihm klar machen, dass ich recht müde war und einfach gerne in seinen Armen einschlafen wollte - was dann am nächsten Morgen passieren würde, könnte man ja dann sehen, wenn es soweit wäre. Ich holte also eine SMS von ihm hervor, die er mir schickte, als ich ein paar Wochen zuvor in der Stadt war und ihn versetzte, und zitierte daraus: "Ich bin auch hundemüde. Einlöffeln, einschlafen und zusammen aufwachen...?" Nach wenigen Sekunden hatte ich meine Antwort: "Jaaaaaaaaa :)". Und noch ein paar Sekunden später spürte ich eine Hand, die mir im Vorbeigehen sachte auf den Kopf klopfte, während ich mit den anderen am Tisch saß und redete. Big, der seit gefühlten Stunden verschollen war, war an mir vorbeigelaufen.

Im Folgenden musste ich Kay und seine Freunde anlügen, um irgendwie zu rechtfertigen, dass ich noch bis zum Schluss bleiben würde und nicht noch mit ihnen in eine andere Location wechseln würde. Und dann saß ich da und wartete auf den Moment, an dem Big und ich aufbrechen könnten. Aufgeregt, vorfreudig, ein bisschen ängstlich und irgendwie wagemutig....

Sonntag, 20. November 2011

Der Machtwechsel (1/4)

Hier geht es zu Teil 2/4, 3/4 und 4/4.

Gerade stecke ich mitten in einem Phänomen, das zwar aus Film und Fernsehen vage bekannt ist, von dem ich aber dachte, es würde überzogen dargestellt und im wahren Leben liefen die Dinge eh anders. Es geht um ein sensibles Kräfteverhältnis zwischen zwei Menschen (ich vermute an dieser Stelle, dass die Tatsache, dass ich eine Frau bin und die andere Person ein Mann, von Bedeutung ist), das sich aufgrund eines einzigen Ereignisses verschiebt.

Zur Vorgeschichte. Es gibt da diesen Mann in meinem Leben, der mich seit nunmehr fünfeinhalb Jahren begleitet - und zwar im Sinne von Präsenz, nicht unbedingt von liebevoller Unterstützung in allen Lebenslagen. Wäre dies hier Sex And The City, dann wäre er wohl Big und ich Carrie, obwohl wir niemals heiraten werden. Als mein Big in meinem Leben auftauchte, lag meine erste und langjährige Beziehung in den letzten Zügen.

Es war einfach die Luft raus, ich hatte von der Freiheit des Alleinseins bei einem Auslandsaufenthalt gekostet und ständige Streitereien machten das Zusammensein mit meinem damaligen Freund zur Last. Da tauchte Big auf und ich war fasziniert. Es bestand eine gewisse Anziehungskraft zwischen uns, die enorm dadurch verstärkt wurde, dass er sich ganz offensichtlich um mich bemühte. Ich war schwer davon beeindruckt, dass SO EINER, sich für mich mehr als nur freundschaftlich interessierte, ja ernsthaft mit mir zusammen sein wollte (so einer, der erfolgreich ist, geradezu prominent in der Stadt, in der ich lebte und der Szene, in die ich damals hineinwuchs; klug, witzig, engagiert und um einiges älter als ich – 14 Jahre älter, um genau zu sein). Relativ schnell fand ich heraus, dass er auch eine gewisse Reputation besaß, was Frauengeschichten anging. Nunja.

Ich ließ mich davon nicht stören und relativ schnell ging meine Beziehung in die Brüche, eine neue begann und die war schneller wieder vorbei als man WirPassenEinfachNichtZusammen sagen kann. Wobei sie eben nicht ganz vorbei war. Wochenlang ging es hin und her, wir einigten uns irgendwann auf unentschieden und auf eine reine Sex-Geschichte. Natürlich war ich dafür zu verliebt und es flossen Tränen, als er dann irgendwann die Nächste im Auge, auf dem Schoß und im Bett hatte.

Die Tränen waren aber auch heilsam und so wurde mein Blick frei für Neues und einer, der mir in dieser schwierigen Zeit als Zuhörer zur Seite stand wurde, eher zufällig, mein neuer Freund. Ganz verblasst ist die Geschichte mit Big jedoch nie. Wir sahen uns weiterhin relativ regelmäßig und es war immer etwas Besonderes, auch wenn nichts mehr zwischen uns lief. Einmal machte er mir in betrunkenem Zustand sehr, sehr deutliche Avancen, entschuldigte sich für sein vorheriges Fehlverhalten und gestand mir, dass ich ihm wichtiger sei, als die Frau, die nach mir gekommen war. Ich lehnte dankend ab.

Die Jahre zogen ins Land und immer wieder kam es zu kleineren Flirtereien, immer virtuell, über Chats, Facebook und SMS. Ich bekam das Gefühl, dass ich jederzeit vor der Tür stehen könnte und mit offenen Armen empfangen würde. Es ging immer irgendwie um Sex, um das gemeinsam Erlebte, darum wie toll es war - und das war es wirklich.

Eine Beziehung stand nie mehr zur Debatte, aber eine Verbindung war unzweifelhaft geschaffen und existiert bis heute unumstößlich. Als es damals mit meinem neuen Freund zu Ende ging, stand einmal mehr die Frage im Raum, ob man sich treffen sollte. Ich lebte inzwischen in einer anderen Stadt und die Planungsphase und das Hin und Her der Überlegungen zog sich so lange bin, bis ich schon meinen nächsten Freund kennengelernt
hatte. Es wurde also nichts daraus.

Nun ist es natürlich nicht so, als sei ich die einzige mit Beziehungen. Auch er hatte immer mal wieder welche, meist relativ kurze und unglückliche, während meine eher lang und - naja - mittelglücklich waren. Immer wenn es bei ihm nicht gut lief, meldete er sich bei mir und fragte, wie es denn um meine Beziehung stünde und erneuerte seine Angebote. Nicht nur bei mir, bin ich mir sicher, aber eben auch immer wieder bei mir. Obwohl ich nur eine unter Vielen war, war ich für ihn immer etwas Besonderes, die Faszination hörte nie wirklich auf.

In den letzten drei bis vier Monaten intensivierte sich unsere Kommunikation einmal mehr. Er erlebte ein traumatisches Beziehungsende und bei mir zeichnete sich ein Ebensolches ab. Aus Gegenseitig-die-Ohren-Vollheulen und Komplimente-ob-der-vergangenen-Erlebnisse-machen entstand wieder diese alte Spannung. Ich wusste ich müsste nur "ja" sagen und schon würde er sich ins Auto setzen und für einige Stunden mein Leben verschönern (und vor allem natürlich seins).

Ich bekam SMS nur mit Smileys, ich bekam Kuss-Nachrichten aus dem Nichts. Ich ließ ihn einmal fürchterlich auflaufen, als ich in seiner Stadt war und direkt um die Ecke von seiner Wohnung einen netten Abend mit Freunden verbrachte. Er beschwor mich den ganzen Abend, doch danach zu ihm zu kommen und bei ihm zu übernachten, aber ich lehnte einmal mehr ab, woraufhin er ein paar Tage lang sauer auf mich war.

Doch dann kehrten wir wieder zum alten Spiel zurück. Flirten, zurückrudern (meinerseits), darauf bestehen (seinerseits), harmloses Geplänkel, flirten, zurückrudern… Natürlich war ich versucht - zumal ich trotz meiner gerade beendeten Beziehung seit über zwei Jahren keinen Sex gehabt hatte, mich nicht begehrt gefühlt hatte und hungrig nach Zärtlichkeit war. Und hey, das hier war Big, der Mann, der mein Leben komplett umgekrempelt hatte, der mich schnöde sitzen ließ und der jetzt, nach all diesen Jahren, immernoch nicht von mir losgekommen war.

Ich bat mir aus, bevor ich einem Treffen hier in meiner Stadt zustimmen würde, ihn erst noch einmal auf neutralem Boden, mit vielen Menschen drum herum, auf einer Veranstaltung in seiner zu sehen. Er würde dort viel zu tun haben und es würde wohl nichts passieren können. Er wollte natürlich trotzdem, dass ich dann bei ihm übernachte. Ich wies ihn darauf hin, dass er doch die ganze Nacht zu tun haben und bestimmt erst im Morgengrauen besoffen nach Hause kommen würde. Er konterte damit, dass er mir seinen Schlüssel geben würde und eben nichts trinken würde, wenn ich ihm versprach, bei ihm zu schlafen. Ich wich aus und vertagte sämtliche Entscheidungen auf nach diesem Treffen. Ich wollte mir sicher sein, dass ich das, worüber wir sprachen, wirklich wollte. Schließlich hatte ich ihn in den letzten Jahren nur sehr unregelmäßig und kurz gesehen und einige dieser Treffen waren sehr ernüchternd gewesen. Nun also diese Party...

Phae und Huckleberry

...erzählen alles, was man nur anonym ins Netz bloggen kann - Weil es um Menschen geht, die uns wichtig sind; weil es Dinge sind, die niemand, den wir kennen, wissen soll. Und weil manches einfach raus muss aus uns und hinein in die Welt.

Phae

muss erst mal gucken, was hier hingehört. Mittelkleingroße Großstadt, Fahrradfahren, Internet. Gesang und Hochschulpolitik, Ohrringebasteln, Ponyschneiden, Wimperntuschen, Geschlechtsstereotype dekonstruieren. Kiezkult und Spazierengehen, WGKüchentischgespräche, Popkultur. Und alles ändert sich mal wieder, wie immer.

Huckleberry

28, Großstadt, Vollzeitjob, eigene Wohnung. Web2.0-Enthusiastin, Bücherwurm, Musikfanatikerin, Filmliebhaberin. Gerade eine dreijährige Beziehung beendet und dabei, die ersten Schritte ins Singleleben zu gehen.

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