Der Machtwechsel (1/4)

Hier geht es zu Teil 2/4, 3/4 und 4/4.

Gerade stecke ich mitten in einem Phänomen, das zwar aus Film und Fernsehen vage bekannt ist, von dem ich aber dachte, es würde überzogen dargestellt und im wahren Leben liefen die Dinge eh anders. Es geht um ein sensibles Kräfteverhältnis zwischen zwei Menschen (ich vermute an dieser Stelle, dass die Tatsache, dass ich eine Frau bin und die andere Person ein Mann, von Bedeutung ist), das sich aufgrund eines einzigen Ereignisses verschiebt.

Zur Vorgeschichte. Es gibt da diesen Mann in meinem Leben, der mich seit nunmehr fünfeinhalb Jahren begleitet - und zwar im Sinne von Präsenz, nicht unbedingt von liebevoller Unterstützung in allen Lebenslagen. Wäre dies hier Sex And The City, dann wäre er wohl Big und ich Carrie, obwohl wir niemals heiraten werden. Als mein Big in meinem Leben auftauchte, lag meine erste und langjährige Beziehung in den letzten Zügen.

Es war einfach die Luft raus, ich hatte von der Freiheit des Alleinseins bei einem Auslandsaufenthalt gekostet und ständige Streitereien machten das Zusammensein mit meinem damaligen Freund zur Last. Da tauchte Big auf und ich war fasziniert. Es bestand eine gewisse Anziehungskraft zwischen uns, die enorm dadurch verstärkt wurde, dass er sich ganz offensichtlich um mich bemühte. Ich war schwer davon beeindruckt, dass SO EINER, sich für mich mehr als nur freundschaftlich interessierte, ja ernsthaft mit mir zusammen sein wollte (so einer, der erfolgreich ist, geradezu prominent in der Stadt, in der ich lebte und der Szene, in die ich damals hineinwuchs; klug, witzig, engagiert und um einiges älter als ich – 14 Jahre älter, um genau zu sein). Relativ schnell fand ich heraus, dass er auch eine gewisse Reputation besaß, was Frauengeschichten anging. Nunja.

Ich ließ mich davon nicht stören und relativ schnell ging meine Beziehung in die Brüche, eine neue begann und die war schneller wieder vorbei als man WirPassenEinfachNichtZusammen sagen kann. Wobei sie eben nicht ganz vorbei war. Wochenlang ging es hin und her, wir einigten uns irgendwann auf unentschieden und auf eine reine Sex-Geschichte. Natürlich war ich dafür zu verliebt und es flossen Tränen, als er dann irgendwann die Nächste im Auge, auf dem Schoß und im Bett hatte.

Die Tränen waren aber auch heilsam und so wurde mein Blick frei für Neues und einer, der mir in dieser schwierigen Zeit als Zuhörer zur Seite stand wurde, eher zufällig, mein neuer Freund. Ganz verblasst ist die Geschichte mit Big jedoch nie. Wir sahen uns weiterhin relativ regelmäßig und es war immer etwas Besonderes, auch wenn nichts mehr zwischen uns lief. Einmal machte er mir in betrunkenem Zustand sehr, sehr deutliche Avancen, entschuldigte sich für sein vorheriges Fehlverhalten und gestand mir, dass ich ihm wichtiger sei, als die Frau, die nach mir gekommen war. Ich lehnte dankend ab.

Die Jahre zogen ins Land und immer wieder kam es zu kleineren Flirtereien, immer virtuell, über Chats, Facebook und SMS. Ich bekam das Gefühl, dass ich jederzeit vor der Tür stehen könnte und mit offenen Armen empfangen würde. Es ging immer irgendwie um Sex, um das gemeinsam Erlebte, darum wie toll es war - und das war es wirklich.

Eine Beziehung stand nie mehr zur Debatte, aber eine Verbindung war unzweifelhaft geschaffen und existiert bis heute unumstößlich. Als es damals mit meinem neuen Freund zu Ende ging, stand einmal mehr die Frage im Raum, ob man sich treffen sollte. Ich lebte inzwischen in einer anderen Stadt und die Planungsphase und das Hin und Her der Überlegungen zog sich so lange bin, bis ich schon meinen nächsten Freund kennengelernt
hatte. Es wurde also nichts daraus.

Nun ist es natürlich nicht so, als sei ich die einzige mit Beziehungen. Auch er hatte immer mal wieder welche, meist relativ kurze und unglückliche, während meine eher lang und - naja - mittelglücklich waren. Immer wenn es bei ihm nicht gut lief, meldete er sich bei mir und fragte, wie es denn um meine Beziehung stünde und erneuerte seine Angebote. Nicht nur bei mir, bin ich mir sicher, aber eben auch immer wieder bei mir. Obwohl ich nur eine unter Vielen war, war ich für ihn immer etwas Besonderes, die Faszination hörte nie wirklich auf.

In den letzten drei bis vier Monaten intensivierte sich unsere Kommunikation einmal mehr. Er erlebte ein traumatisches Beziehungsende und bei mir zeichnete sich ein Ebensolches ab. Aus Gegenseitig-die-Ohren-Vollheulen und Komplimente-ob-der-vergangenen-Erlebnisse-machen entstand wieder diese alte Spannung. Ich wusste ich müsste nur "ja" sagen und schon würde er sich ins Auto setzen und für einige Stunden mein Leben verschönern (und vor allem natürlich seins).

Ich bekam SMS nur mit Smileys, ich bekam Kuss-Nachrichten aus dem Nichts. Ich ließ ihn einmal fürchterlich auflaufen, als ich in seiner Stadt war und direkt um die Ecke von seiner Wohnung einen netten Abend mit Freunden verbrachte. Er beschwor mich den ganzen Abend, doch danach zu ihm zu kommen und bei ihm zu übernachten, aber ich lehnte einmal mehr ab, woraufhin er ein paar Tage lang sauer auf mich war.

Doch dann kehrten wir wieder zum alten Spiel zurück. Flirten, zurückrudern (meinerseits), darauf bestehen (seinerseits), harmloses Geplänkel, flirten, zurückrudern… Natürlich war ich versucht - zumal ich trotz meiner gerade beendeten Beziehung seit über zwei Jahren keinen Sex gehabt hatte, mich nicht begehrt gefühlt hatte und hungrig nach Zärtlichkeit war. Und hey, das hier war Big, der Mann, der mein Leben komplett umgekrempelt hatte, der mich schnöde sitzen ließ und der jetzt, nach all diesen Jahren, immernoch nicht von mir losgekommen war.

Ich bat mir aus, bevor ich einem Treffen hier in meiner Stadt zustimmen würde, ihn erst noch einmal auf neutralem Boden, mit vielen Menschen drum herum, auf einer Veranstaltung in seiner zu sehen. Er würde dort viel zu tun haben und es würde wohl nichts passieren können. Er wollte natürlich trotzdem, dass ich dann bei ihm übernachte. Ich wies ihn darauf hin, dass er doch die ganze Nacht zu tun haben und bestimmt erst im Morgengrauen besoffen nach Hause kommen würde. Er konterte damit, dass er mir seinen Schlüssel geben würde und eben nichts trinken würde, wenn ich ihm versprach, bei ihm zu schlafen. Ich wich aus und vertagte sämtliche Entscheidungen auf nach diesem Treffen. Ich wollte mir sicher sein, dass ich das, worüber wir sprachen, wirklich wollte. Schließlich hatte ich ihn in den letzten Jahren nur sehr unregelmäßig und kurz gesehen und einige dieser Treffen waren sehr ernüchternd gewesen. Nun also diese Party...

Phae und Huckleberry

...erzählen alles, was man nur anonym ins Netz bloggen kann - Weil es um Menschen geht, die uns wichtig sind; weil es Dinge sind, die niemand, den wir kennen, wissen soll. Und weil manches einfach raus muss aus uns und hinein in die Welt.

Phae

muss erst mal gucken, was hier hingehört. Mittelkleingroße Großstadt, Fahrradfahren, Internet. Gesang und Hochschulpolitik, Ohrringebasteln, Ponyschneiden, Wimperntuschen, Geschlechtsstereotype dekonstruieren. Kiezkult und Spazierengehen, WGKüchentischgespräche, Popkultur. Und alles ändert sich mal wieder, wie immer.

Huckleberry

28, Großstadt, Vollzeitjob, eigene Wohnung. Web2.0-Enthusiastin, Bücherwurm, Musikfanatikerin, Filmliebhaberin. Gerade eine dreijährige Beziehung beendet und dabei, die ersten Schritte ins Singleleben zu gehen.

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Zuletzt aktualisiert: 20. Jan, 16:03

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